Mittwoch, 31. Oktober 2012

Kapitel 3.16 – Hier-und-Jetzt-Finanzierung

Auszug aus dem Buch »Gradido – Natürliche Ökonomie des Lebens«


»Wenn jemand ein Projekt plant und noch Geld dazu braucht, schreibt er an seine Freunde. Diejenigen, denen das Projekt gefällt, unterstützen ihn und leiten seinen Aufruf an ihre Freunde weiter. So kann es sein, dass er reichliche Unterstützung von Leuten bekommt, die er vorher noch nicht einmal kannte.« 

– Joytopia

Kredite – auch die zinslosen Kredite der Natürlichen Ökonomie des Lebens – sind eine Methode, den Ausgleich, der im Hier und Jetzt nicht möglich erscheint, auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Sie erzeugen damit ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Kreditgeber und dem Kreditnehmer. Dies kann durchaus erwünscht sein. Kredite und Geldanlagen sind daher auch in der Natürlichen Ökonomie des Lebens vorgesehen.

Das freie Schenken gibt uns die zusätzliche Möglichkeit, Projekte ganz im Hier und Jetzt zu finanzieren. Beim freien Schenken entstehen keine Abhängigkeiten zwischen dem Schenkenden und dem Beschenkten. Möglicherweise entstehen Freundschaften. Die sind dann freiwillig. Hier-und-Jetzt-Finanzierungen kennen wir bereits heute unter dem Namen »Spenden«.

In der Open Source Bewegung für freie Software und auch in der Creative Commons Bewegung für freie Inhalte hat sich der »Donation-Button« (Spenden-Knopf) durchgesetzt. Wer eine freie Software benutzt oder freie Inhalte liest, möchte vielleicht das Projekt unterstützen und spendet einfach direkt an die Entwickler oder Autoren. Diese haben ja bereits bewiesen, dass sie sich für das gemeinsame Projekt einsetzen und gute Arbeit leisten. Niemand stört sich daran, dass es sich um Einzelpersonen handelt. Ganz im Gegenteil: die Spende kommt zu hundert Prozent dort an, wo sie hingehört, nämlich bei der Entwicklung des Projekts, und das ohne unnötigen Verwaltungsaufwand.

Dies ist auch das Prinzip der Hier-und-Jetzt-Finanzierung. Wer ein Projekt durchführt, dessen Erfolg für andere von Interesse sein könnte, macht dieses Projekt publik und bittet um Unterstützung. Jedes Projekt kostet Geld, in Form von Fremdkosten und persönlicher Arbeit. Wer ein wichtiges Projekt mit dem Einsatz seiner ganzen persönlichen Kraft durchführen will, hat wenig Zeit und Energie übrig, sich auch noch um seinen Lebensunterhalt kümmern zu müssen. Und wenn das Projekt wirklich wichtig ist, wird er reichlich Hilfe bekommen. Diejenigen, denen das Projekt ebenfalls wichtig ist, unterstützen ihn und leiten seinen Aufruf an ihre Freunde weiter. Dadurch wird eine positive Kettenreaktion ausgelöst: das Projekt wird bekannt und erhält immer mehr Unterstützung.



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