Mittwoch, 31. Oktober 2012

Kapitel 3.4 – Keine Geldschöpfung durch Schulden

Auszug aus dem Buch »Gradido – Natürliche Ökonomie des Lebens«

»In der Natur gibt es keine Schulden und keine Zinswirtschaft. Deshalb kommen Pflanzen und Tiere nicht auf die Idee, mehr zu horten, als sie brauchen. Dadurch gibt es keine „reichen“ und „armen“ Pflanzen oder Tiere.«   
– Joytopia

Haben Sie sich schon mal gefragt, wo das Geld eigentlich herkommt? Wie ist es entstanden? Kommt es einfach aus dem Bankomat, wie der Strom aus der Steckdose? Hat es in grauer Vorzeit ein »Schöpfer« erschaffen, so wie Gott die Welt? Und wer schuf dann die Schulden?

Über dem Geld weht ein Hauch des Mystischen. Und so wundert es nicht, dass nur wenige Menschen etwas über die Geldschöpfung wissen. Das Wort »Geldschöpfung« ist ein Fachausdruck aus der Finanzwelt. Es bezeichnet den Vorgang, wie Geld entsteht. Und in der Tat wird es jetzt etwas mystisch, denn aus gutem Grund wird unser heutiges Geld oft als Fiat-Money bezeichnet. Das hat nichts mit der gleichnamigen Auto-Marke zu tun, sondern bezieht sich auf die Bibel: im ersten Buch Mose, der Genesis, sprach Gott auf lateinisch »Fiat lux!«, das heißt »Es werde Licht!«. Und es ward Licht, wie wir im Religionsunterricht gelernt haben. Die heutigen Schöpfergötter sprechen »Fiat Money!«, also »Es werde Geld!«. Und sie schöpfen Geld aus Schulden.

Fiat-Money bedeutet sinngemäß »Geld aus dem Nichts«. Es wird zu einem kleinen Teil von den Notenbanken und zum überwiegenden Teil in den Geschäftsbanken geschöpft. In der Bank-Bilanz muss die Summe aller Konten zusammen »Null« ergeben. Anders ausgedrückt muss die Summe aller Guthaben gleich der Summe aller Schulden sein.

Wie funktioniert die Geldschöpfung aus dem Nichts? Stellen Sie sich vor: Sie und ich, wir beide hätten jeder genau null Euro auf dem Bankkonto. Es ist nichts bei uns zu holen, kein Geld da – nichts. Obwohl wir beide kein Geld haben, kaufen Sie von mir Bücher, um sie ihren Freunden zu schenken. Sie wollen nämlich das wertvolle Wissen über die Natürliche Ökonomie des Lebens gerne weitergeben. Als ehrlicher Mensch überweisen Sie mir hundert Euro. Dadurch bin ich glücklicher Besitzer von hundert Euro Guthaben geworden. Und Sie haben jetzt leider hundert Euro Schulden bei der Bank.

Was ist gerade eben geschehen? Es wurde Geld aus dem Nichts geschöpft – durch Schulden! Innerhalb der Bank ist der Vorgang zwar etwas komplexer; doch für uns »Nicht-Banken« (so werden Menschen wie Sie und ich von den Banken genannt) zählt nur, was hineingeht und was herauskommt. Es geht Nichts hinein, und heraus kommen Guthaben und Schulden.

Wer hat jetzt das Geld geschöpft? Die Zentralbank? Ihr Bankdirektor? Die freundliche Bankangestellte, die Ihr Girokonto betreut? Der Bank-Computer? Die Antwort ist hart aber klar: Sie haben Geld geschöpft und sich damit Schulden aufgeladen. Sie wollten etwas Gutes tun, ein Projekt unterstützen, Ihre Freunde informieren, die Welt ein Stück besser machen – und haben sich dafür verschuldet!

»Ja, aber nur, weil ich das Geld nicht hatte. Man darf eben nur das ausgeben, was man hat!« – So oder so ähnlich werden Sie jetzt vielleicht denken. Doch kann diese Regel überhaupt eingehalten werden in einem System, in dem das Geld durch Schulden geschöpft wird? Für jeden Euro Guthaben muss es an anderer Stelle einen Euro Schulden geben. Wenn Sie keine Schulden haben, hat sie ein Anderer. Das ist in diesem System gar nicht anders möglich. Damit das nicht so auffällt, haben unsere Staaten die Schulden stellvertretend für ihre Bürger übernommen. In Deutschland sind es zur Zeit etwa 20.000 Euro Staatschulden pro Person. Praktisch alle Staaten weltweit sind hoch verschuldet. Viele stehen kurz vor dem Staatsbankrott.

Ein solches System kann überhaupt nicht funktionieren. Schon gar nicht, wenn man das Dreifache Wohl im Auge hat. Denn hier versagt es auf allen drei Ebenen. Das Wohl des Einzelnen ist verletzt, denn entweder Sie haben Schulden oder Sie sind Mitverursacher der Schulden anderer. Das Wohl der Gemeinschaft ist in Gefahr wegen der hohen Staatsschulden mit Risiko des Staatsbankrotts. Dies betrifft inzwischen die gesamte Völkergemeinschaft. Und schließlich ist das Wohl des Großen Ganzen in Mitleidenschaft gezogen, denn hoch-kompetitive Märkte schrecken nicht vor Kriegen und Umweltzerstörung zurück.

Ein System der Schuldgeld-Schöpfung schadet allen und nützt niemanden.

Zins und Zinseszins verschärfen die Problematik zusätzlich. Doch auch zinslose Kreditgeldsysteme haben die besprochenen schädlichen Auswirkungen. In diese Kategorie fallen auch alle gut gemeinten Alternativ-Geld-Systeme, die auf gegenseitigen Kredit basieren, wie Barter-Clubs, Tauschringe, LETS-Systeme und ähnliches. Regionalwährungen, die an den Euro gekoppelt sind, kommen allein schon deshalb als Lösung nicht in Betracht.


»Das Gute - dieser Satz steht fest - ist stets das Böse, was man lässt.«

– Wilhelm Busch
dt. Humorist, Dichter und Zeichner


In den folgenden Abschnitten werden Sie ein Geld- und Wirtschaftsmodell kennen lernen, bei dem das Geld nicht durch Schulden geschöpft wird, sondern  durch das Leben selbst. Es ist so konstruiert, dass es allen nützt und niemanden schadet.

Und es beruht auf einem Grundsatz, der für eine zivilisierte Spezies selbstverständlich sein sollte...

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