Freitag, 30. November 2012

Kapitel 2.2 – Freegaia

Auszug aus dem Buch »Gradido – Natürliche Ökonomie des Lebens«

Wir näherten uns einem Sonnensystem, und bald schon schwebte sie vor uns: Freegaia, ein wunderschöner blauer Planet, ganz ähnlich unserer Erde. Sanft tauchten wir in die Atmosphäre ein und landeten mitten in einem herrlichen Park, ähnlich einem riesigen Garten. Unbeschreiblich schöner Duft wurde von den Pflanzen ausgeströmt. Ab und zu huschte fast lautlos ein kleines Luftfahrzeug über unsere Köpfe.

Doch da: inmitten der Pflanzen standen Häuser. Sie sahen nicht aus wie unsere Häuser, sie fügten sich so in die Natur ein, dass man sie von weitem gar nicht als Häuser erkannte.
Die Menschen, die uns begegneten, grüßten alle freundlich. Sie schienen glücklich zu sein. Mensch und Natur lebten in Harmonie zusammen.

„Wie habt ihr das alles so hin gekriegt? Kannst du mir etwas über eure Technologie sagen?“

„Technologie war noch nie ein Problem,“ sagte Very, „das Problem, das es zu lösen galt, lag im Denken der Bewohner und in der Wirtschaft. Durch Mangeldenken hatten sich unsere Vorfahren ein Wirtschaftssystem ausgedacht, das von Konkurrenzkampf geprägt war. Inzwischen ist unser Zusammenleben und damit unsere Wirtschaft geprägt von überfließender Fülle, Reichtum und Liebe zur Natur und allem was existiert.“

Very gab mir einen kurzen Abriss über die Geschichte auf seinem Planeten:

„Vor geraumer Zeit hatten sich einige raubende, mordende Fleischfresser – Ramofl – immer mehr an die Macht gebracht, indem sie Kraft ihrer kriegerischen Überlegenheit schwächere Menschen ermordet und ihrer Lebensgrundlage beraubt hatten. Damit sich die Ramofl nicht selbst auffraßen, wurden mächtige Gesetzbücher geschrieben, in denen jegliche Kleinigkeit geregelt wurde. Denn Verstand und Ethik der Ramofl reichten für ein friedliches Miteinander nicht aus. In diesen Gesetzbüchern standen Anweisungen, wie »Du sollst nicht töten«. Das musste den Ramofl ausdrücklich gesagt werden! Während den Raubzügen der Ramofl wurden diese Gesetze entweder außer Kraft gesetzt, oder man definierte die Gegner als »Wilde«, die es zu missionieren oder auszurotten galt. Nach den Raubzügen führten dann »humanistische« Ramofl gleiches Ramofl-Gesetz für alle ein. Damit wurde Stabilität erzeugt und die neuen Machtverhältnisse einzementiert.

Die Hauptillusion der Ramofl war das Mangeldenken. Es war scheinbar nicht genug für alle da. Ihre Lieblings-Beschäftigung war deshalb der Kampf bzw. Konkurrenzkampf. Es musste Sieger und Verlierer geben. Da Töten verboten war und die meisten »Wilden« sowieso schon ermordet oder missioniert waren, verlagerten ehrgeizige Ramofl ihre Aktivitäten auf andere Gebiete, nämlich Wirtschaft, Sport und Spiel. In Sport und Spiel konnten sie auf relativ ungefährliche  Weise ihren Konkurrenzkampf ausleben. In der Wirtschaft hingegen führte der Ramoflismus zu immer mehr sozialer Ungerechtigkeit. Die Kluft zwischen Armen und Reichen wurde immer größer.

Auf Freegaia gab es immer schon Leute, die die Natur beobachteten und ihre Gesetze zu ergründen suchten. In früheren Zeiten hatte man sie als Ketzer verbrannt. Als sich aber später ihre Erkenntnisse militärisch nutzen ließen, wurden sie zu Wissenschaftlern ernannt. Naturbeobachter, die keine militärisch nutzbaren Entdeckungen brachten, nannte man Scharlatane und gab sie der Lächerlichkeit preis.

Mit der Zeit wurde das Klima liberaler und immer mehr Staaten konvertierten zu Demokratien. Kurz vor dem Neuen Zeitalter begannen sich die Beobachtungen der Wissenschaftler und der Scharlatane immer mehr zu decken. Man fand Entsprechungen zwischen den Naturwissenschaften, der Philosophie und den Religionen. Diese begann man auf Politik und Wirtschaftslehre zu übertragen.

Man verglich die Wirtschaft mit der Natur:

Die Natur produziert Nahrung aus sich selbst heraus und schenkt sie ihren Lebewesen. Wenn die Natur in Ordnung ist, herrscht überfließende Fülle, d.h. es ist mehr Nahrung da, als gebraucht wird. Die Nahrung ist vergänglich und kann nur eine bestimmte Zeit gelagert werden.

In der Natur gibt es keine Schulden und keine Zinswirtschaft. Deshalb kommen Pflanzen und Tiere nicht auf die Idee, mehr zu horten, als sie brauchen. Dadurch gibt es keine »reichen« und »armen« Pflanzen oder Tiere.

Und noch etwas: Ob und wie hart Tiere für ihre Nahrung arbeiten, ist von Lebensform zu Lebensform sehr verschieden. Jedes frei lebende Tier verhält sich seinem Wesen entsprechend. Will man ein Tier in Gefangenschaft zur Arbeit bringen, muss man es ständig dazu antreiben. Kein Tier würde für ein »Recht auf Arbeit« kämpfen.

In der damaligen Zeit erhielten die Menschen noch kein Grundeinkommen. Obwohl die Staaten Steuern von ihren Bürgern forderten, war ihr Geldmangel so groß, dass sie sich jedes Jahr aufs Neue verschulden mussten.  Man achtete peinlich auf die Stabilität des Geldes, was allerdings nur selten gelang. Das Geld wurde durch Schulden geschöpft, und es gab Zinswirtschaft. Sowohl die Guthaben, als auch die Schulden wurden immer höher. Die Bürger, setzten alles daran, Geld anzuhäufen. Die Reichen wurden immer reicher und die Armen wurden immer ärmer.

Was die Arbeit betraf: die meisten Leute verrichteten ähnliche Arbeiten, die selten ihrem Wesen entsprachen. Obwohl sie diese wesensfremden Arbeiten nicht gerne taten, hatten sie sich das Recht auf Arbeit zuvor hart erkämpft. Trotz dieses Rechtes waren große Teile der Weltbevölkerung arbeitslos. Auf der anderen Seite herrschte ein Überfluss an Waren- und Dienstleistungsangeboten.

Die Wirtschaft verhielt sich genau entgegengesetzt zur Natur. Wir mussten also unsere wirtschaftlichen Gepflogenheiten umpolen und in Einklang mit der Natur bringen. Diese Erkenntnis war der Schlüssel zu weltweitem Wohlstand!

So entwickelten wir unser neues Wirtschaftsmodell, das noch heute auf dem gesamten Planeten praktiziert wird und allen Beteiligten Reichtum und Glück beschert: die Natürliche Ökonomie des Lebens.“ 


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